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In einer Arbeitswelt, die stark von Veränderungssituationen geprägt ist, stellt sich die Frage, wie Führungskräfte Mitarbeitende an das Unternehmen binden und sie bei anstehenden Veränderungen mit „ins Boot holen“ können.

Unsere Arbeitswelt ist von einer stark zunehmenden Komplexität gekennzeichnet. Die Anforderungen an Führung werden immer größer. Es gilt, die Fähigkeiten der Mitarbeitenden schnell zu erkennen, gute Teams zusammenzustellen und die Kompetenzen miteinander zu verknüpfen. Ein permanenter Dialog mit Mitarbeitenden ist unumgänglich, um sich ständig wechselnden Rahmenbedingungen anpassen zu können und schnelles Feedback zu erhalten. Gleichzeitig wird der Dialog künftig zur vielleicht größten Herausforderung für Führungskräfte. Denn mit der Digitalisierung werden auch die Möglichkeiten flexibler Arbeitsplätze zunehmen, so dass der unmittelbare Kontakt zwischen Führungskräften und Mitarbeitenden erschwert wird.

Führung 4.0

Stark heterogene Teams verlangen nach einer neuen Art von Führung

Die jüngeren Generationen sind von ganz anderen Wertvorstellungen geleitet als die älteren Generationen. Menschen der Generationen Y (die üblicherweise an einem Geburtsdatum zwischen 1980 und 1995 festgemacht wird) und der Generation Z (nach üblicher Definition geboren zwischen 1995 und 2010) arbeiten nicht in erste Linie für ihren Lebensunterhalt und haben viel mehr die Freude an der Arbeit und ihre persönliche Weiterentwicklung im Sinn. Letztere ist allerdings nicht mit Karriereabsichten gleichzusetzen. Im Gegenteil: Die Absicht, innerhalb einer stark hierarchisch geprägten Organisation möglichst schnell die Karriereleiter zu erklimmen, äußern heutzutage nur noch sehr wenige Fachkräfte (so das Ergebnis einer im ersten Quartal 2018 durchgeführten Studie der StepStone GmbH in Kooperation mit Kienbaum, an der sich 13.500 Fachkräfte beteiligt haben).

Gleichzeitig gibt es bei den Beschäftigten zunehmend weniger einheitliche Wertvorstellungen darüber, wie Planung erfolgen und wie Führung sein sollte. Anders als in früheren Zeiten verfestigen sich stark heterogene Wertevorstellungen zur Arbeit.

Die Aufgabe der Führungskräfte, Menschen mit unterschiedlichen Wertevorstellungen und unterschiedlicher Sozialisation zu integrieren, ist alles andere als einfach. Wichtig ist zunächst die Feststellung, dass die individuellen Werte und Ziele der Beschäftigten in Bezug auf das Wohl von Team und Unternehmen durchaus beeinflusst bzw. aktiviert werden können.

Vereinbarung gemeinsamer Werte – ein Beispiel aus der Praxis

Ein geeignetes Mittel zur Steigerung des Teamworks kann beispielsweise die Vereinbarung gemeinsamer Werte im Team sein.

Ich meine hier nicht allgemeine Absprachen, wie Kolleginnen und Kollegen grundsätzlich miteinander umgehen möchten. Nach meiner Erfahrung können Absprachen über Werte am besten am konkreten Praxisfall erfolgen. Nur wenn eine konkrete Betroffenheit zum aktuellen Thema besteht, kann ernsthaft über Wertvorstellungen gesprochen werden.

Zur Verdeutlichung ein in ähnlicher Form häufig auftretendes Beispiel aus meiner Praxis: In einem kleinen Unternehmen mit ca. 120 Beschäftigten mussten Organisationsänderungen vorgenommen werden, in deren Folge die Teamstrukturen geändert und ein neues Arbeitszeitmodell für die Beschäftigten eingeführt werden sollten.

Um die Mitarbeitenden ins Boot zu holen und deren Ideen in die neue Organisationsstruktur einfließen zu lassen, wurden in einem frühzeitigen Workshop verschiedene Szenarien des Changeprozesses gemeinsam durchdacht. In diesem Zusammenhang entstand eine intensive Wertediskussion darüber, wie die Werte von „Flexibilität angesichts der Marktanforderungen“ mit dem Wert der „Kontinuität in der bisherigen Lebensführung“ in Einklang gebracht werden könnte. Im Unternehmen prallten völlig konträre Wertvorstellungen aufeinander. Besonders deutlich wurde ein starker Gegensatz zwischen dem Wunsch der älteren Mitarbeitenden nach Sicherheit (im Sinne des Beibehaltens der alten Strukturen einschließlich des alten Arbeitszeitmodells) und dem Wunsch der jüngeren Generation nach persönlicher Flexibilität (im Sinne des hierarchiearmen Arbeitens in Projekten und der freien Planung der eigenen Arbeitszeiten). Nachdem die jeweiligen Positionen und die dahinter liegenden Bedürfnisse Raum bekommen hatten, gelang eine Annäherung, die im Ergebnis zu einem von fast allen getragenen Konsens führte. Sowohl die Unternehmensleitung als auch die Führungskräfte hatten rechtzeitig erkannt, dass eine frühzeitige Einbeziehung der Mitarbeitenden das Gebot der Stunde war. Auf diese Weise konnten spätere Blockaden und Widerstände von vornherein verhindert werden.

Zunehmend heterogene Gruppen von Mitarbeitenden erfordern eine differenzierte Ansprache

Ihre Mitarbeitenden schätzen eine persönliche AnspracheFührungskräfte müssen zunehmend immer mehr in der Lage sein, ihren Mitarbeitenden Perspektiven, Entwicklungsmöglichkeiten und Sinn zu vermitteln. Nur wenn dies gelingt, werden die Mitarbeitenden Freude an der Arbeit empfinden und eine gute Leistung erbringen. Dieser Gedanke stößt bei vielen älteren Unternehmensinhabern immer noch auf Befremden. Sie sind der Ansicht, dass die Bezahlung doch Anreiz genug sein müsste. Für frühere Generationen lagen sie damit auch richtig. In der heutigen Arbeitswelt, in der sich in vielen Branchen ein Arbeitnehmermarkt etabliert und eine völlig anders sozialisierte Generation auf den Arbeitsmarkt drängt, gelten aber andere Grundsätze.

Die Ansprache der Beschäftigten muss heute viel persönlicher und emotionaler erfolgen, sofern sie Erfolg haben soll. Begeisterung und Inspiration können sich nur dann auf die Mitarbeitenden übertragen, wenn die Führungskräfte hier eine Vorbildfunktion übernehmen. Diese lässt sich nicht vorspielen.

Für die Kommunikation mit Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ist heute eine differenzierte Auseinandersetzung mit den einzelnen Beschäftigtengruppen erforderlich. Nur eine unterschiedliche, individuell zugeschnittene Ansprache hat Erfolg. Voraussetzung ist, dass die Führungskraft so nah an den eigenen Mitarbeitenden ist, dass sie um deren persönlichen Vorstellungen weiß.

Lob als ausgedrückte Wertschätzung ist nicht ausreichend

Führungskräfte überzeugen heute weder mit Durchsetzungsvermögen noch mit Allwissenheit. Eine klassische Fähigkeit guter Mitarbeiterführung wird jedoch auch in Zukunft bedeutend bleiben: die Empathie, d.h. die Einfühlung in das, was die Mitarbeiterin bzw. der Mitarbeiter braucht.

Lob im Sinne eines „gut gemacht!“, genügt keinesfalls. Zum einen hat die darin liegende Bewertung immer den Beigeschmack, dass es auch hätte „schlecht gemacht!“ heißen können und sich niemand gern von einem anderen Menschen bewerten lassen möchte. Zum anderen wird Lob in den meisten Unternehmen und Organisationen eher manipulativ eingesetzt. Meist geht es nicht darum, einen Erfolg gemeinsam zu feiern, sondern die Mitarbeitenden sollen zu einem bestimmten künftigen Verhalten motiviert werden. Die Zielrichtung geht klar in die Zukunft und diese Absicht des Lobenden ist den meisten Beschäftigten auch unmittelbar bewusst. Sie wissen, dass sie zu etwas motiviert werden sollen. Anerkennung zu bekommen, ist ein zweifelhafter Motivator.

Intrinsische Motivation wecken

Intrinsische Motivation weckenIntrinsische Motive sind weitaus wirkungsvoller. Die Mitarbeitenden ernst zu nehmen wirkt in der Regel tiefer und nachhaltiger. Es geht darum, sie wahr zu nehmen – zu erkennen, wer sie sind und was sie tun!

Die Herkunft des Wortes „Interesse“ macht diesen Punkt sehr deutlich. „Interesse“ stammt ab von den lateinischen Begriffen „esse“ (= sein) und „inter“ (= dazwischen, darunter). Jede/r von uns möchte gern wahrgenommen werden – einfach, weil er/sie so ist wie er/sie ist, nicht weil einen besondere Leistung erbracht wurde.

Auch aktuelle Studien (z.B. die oben bereits erwähnte Studie des StepStone Research Teams zusammen mit Kienbaum aus 2018) belegen, dass sich Beschäftigte vor allem Zugewandtheit und Begleitung durch die für sie zuständige Führungskraft wünschen. Glauben die Führungskräfte an ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter so entwickeln sie damit eine positive Selbstwahrnehmung bei den Mitarbeitenden. Diese führt wiederum zur Entfaltung von größeren Potenzialen. Zudem kann eine positive Zugewandtheit helfen, negative Erfahrungen und Misserfolge bei der Arbeit positiver zu bewerten.

Der Einsatz partizipativer Führungstechniken ist unverzichtbar

Insbesondere die jüngeren Fachkräfte haben die Erwartung, dass sie in die Gestaltung der Arbeitsprozesse einbezogen werden. In der o.g. Studie äußerten acht von zehn Fachkräften, dass sie in einem selbstverantwortlichen Team arbeiten möchten und eine möglichst selbstbestimmte Arbeitsweise präferieren. Sie wünschen sich mehrheitlich mehr Entscheidungskompetenzen und Freiheiten bei der Arbeitsplatz- und Arbeitszeitgestaltung.

Werden die angestrebten Changeprozesse frühzeitig auf eine Beteiligung der betroffenen Beschäftigten ausgerichtet, können die Veränderungen zumeist ohne lähmende Widerstände implementiert werden.

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